Montag, 23. September 2013

Äthiopien 6: Rundreise

Nach meiner Zeit in Gondar bin ich die sogenannte historische Route gereist, insbesondere Lalibela und Axsum sind dabei frührer Wiegen der äthiopischen und kirchlichen Geschichte. Eigentlich unglaublich, wie wenig man in Deutschland über diese Herrscher und Kulturen gelernt hat.

Bahar Dar:
Von Gondar eine vierstündige (Mini-)Busfahrt durch wunderschöne Landschaft, ich saß allerdings auf einem Sitz ohne Rückenlehne, konnte man daher als gutes Training für gerades Sitzen auffassen.
Bahar Dar ist etwas moderner und städtischer als Gondar und ich habe dort sowohl den ehem. Kindu-Mitarbeiter als auch Freundinnen von einem Kollegen getroffen. War quasi immernoch das rundum sorglos Paket.
Sehenswert ist insbesondere der riesige Lake Tana, der über 10 Klöster auf verschiedenen Inseln beinhaltet. Habe auch eine relativ günstige Bootstour ergattert, leider nimmt jedes der Klöster separat von Ausländern einen relativ unverschämten Eintritt von umgerechnet mehr als 4 Euro. Für äth. Verhältnisse der totale Wucher.
Am Abend habe ich dann zum Glück festgestellt, dass mein Flug erst am übernächsten Tag geht. Habe den Folgetag dann für etwas Computerarbeit und Kollegentreffen genutzt.





Kirchenbilder




auf dem Lake Tana


Lalibela:
Morgens ging es dann per Inlandsflug weiter nach Lalibela. Der Flieger ist dann leider wegen Wetterverhältnissen mit drei Stunden Verspätung gestartet. Immerhin gab es zwischen durch beste Sandwiches als Stärkung (also für mich als erstes Frühstück).
In Lalibela habe ich mir dann erstmal ein besseres Hotel mit einem traumhaften Ausblick gegönnt.




Lalibela war im 12./13 Jahrhundert das Zentrum der äthiopischen Herrschaftsgebietes. Viele in der Form einmalige Felsenkirchen (teils aus freistehenden Felsen gehauen, teils als Höhlenkirchen) sind in und um Lalibela zu finden.
Den ersten vollen Tag bin ich mit einem Guide (in dem Fall war es der Hotelrezeptionist) zu einer Kirche in einem Felsen gewandert. Auf dem Rückweg gabs in einem Dorf Kaffee mit Salz (war nach dem zweiten Schluck tatsächlich einigermaßen geniessbar).

mit "meinem" Guide unterwegs


Priester mit alten Schriften


Kaffeezeremonie unterwegs



 
Am Folgetag standen dann die 11 Felsenkirchen in der Stadt an (siehe Bilder folgend), in der Form wirklich beeindruckende Konstruktionen. 50 Dollar Eintritt und 35 Dollar für einen Guide waren dabei erneut ein stolzer Preis.
In die Zeit fiel auch das äthiopische Neujahrsfest (nicht nur die Uhrzeit ist abweichend von der Weltzeit, auch der Kalender), das diesmal auf einen Fastentag fiel (Mittwochs und Freitags fasten die Christen hier grundsätzlich). Dadurch wurde das Neujahresfest gleich zwei Tage gefeiert, die Ziegen, Schafe und Hühner dürften den ersten Tag des Jahres 2006 also noch lebend geniessen). Hier schlachtet übrigens noch jeder Haushalt selbst und eigenhändig, das übrige Fleisch wird dann getrocknet und in der Folgezeit gegessen.
In einem trad. Tanzlokal habe ich den „Neujahrs-Abend“ mit einigen Mitarbeitern des Hotels sehr lustig verbracht.



























Kinder mit Blumen zum äth. Neujahr

Axsum:
Dann ging es wieder mit dem Flieger nach Axsum. Hier habe ich gleich 3 andere Reisende getroffen und wir haben dann den Nachmittag mit einem Guide (pro Kopf diesmal sehr erschwinglich) die berühmten Steelen angeschaut. In Axsum herrschte die erste äthiop. Hochkultur (ca. 400 nach Chr.) und auch die Bundeslade soll hier aufbewahrt sein.

Am Folgetag haben wir (nach harten Preisverhandlungen) einen Minibus mit Fahrer gemietet und sind zu einer Felsenkirche gefahren, die auch heute noch nur über ein Seil zugänglich ist. Der Aufstieg war definitiv Adrealin treibend, die Kirche selbst war interessant, aber überschaubar. Der Mönch trug eine hochmoderne G-Shock Uhr, die scheinbar ca 300 Dollar kostet. Da sieht man direkt, wie die Eintrittsgelder angelegt werden...
Abends ging es dreien von uns vieren nicht mehr so gut, was wohl nicht an der kurvigen Fahrt lag... Daher war der Folgetag dann der entspannten Regeneration gewidmet.

Oben


Die Kirche von innen


...und von aussen

Der Wächter mit Gewehr
Aufstieg



Da oben ist die Kirche...

Harte Arbeit am Strassenrand

Die berühmten Steelen in Axum




















Addis Abeba:
In Addis angekommen haben wir am Flughafen erstmal eine nette Dame kennengelernt, die uns mit ihrem Privattransport mitgenommen hat. Da ich mich in einem anderen Hotel einquartiert habe, bin ich dann erstmal noch in den Genuß einer Kaffeeeinladung auf dem Weg gekommen.
Am Folgetag habe ich das „Red Mathyrer“ Museum besucht. Unglaublich, dass dort auch (wie zB in Chile und Argentinien) in den 70er Jahrenab 1974 nach einem Militärputsch Tausende politischer Gegner gefoltert und ermordet wurden. Das Museum ist das einzige private Museum in Addis (eröffnet 2010), gegründet von einer Mutter, deren vier Söhne an einem Tag ermordet wurden.
Ansonsten ist Addis eine sehr lebendige Stadt, speziell in einem Viertel Nähe Flughafen gibt es viele moderne Einkaufs-, Bürohäuser und Hotels, noch beeindruckender ist die Zahl der Rohbauten. Wenn das so weiter geht, sieht das Viertel schon in drei Jahren ganz anders aus. Auch das Nachtleben von Addis ist beeindruckend, Dutzende von Bars und Restaurants. Dabei ist es dort vergleichsweise sicher (hier in Namibia und mehr noch in Südafrika ist der Ratschlag an Touristen bei Nacht alleine gar nicht raus zu gehen).

Nach 2 Monaten Äthiopien geht es nun noch für einen Monat nach Namibia und Südafrika - Fortsetzung folgt....
 
Stadtbild im modernen Viertel

Kirche in Addis


Terror-Museum

Opfer des Terrorregimes ab 1974






Sonntag, 15. September 2013

Äthopien 5: Abschied Gondar

Mittlerweile bin ich nicht mehr in Gondar, sondern wieder (momentan noch knapp eine Woche in Äthopien) auf Reisen. Wie zu erwarten gab es speziell in der letzten Woche noch viel zu tun - während die verbleibende Zeit unweigerlich abnahm, wurde die to do-Liste kaum kürzer.
Dieser Blog ist noch über meine Zeit in Gondar, ein letzter Report über KinduTrust und einige Ausschnitte über das Leben in Äthiopien, inkl. feiern und tanzen, wozu es ebenfalls reichlich Gelegenheit gab.


Mutter mit Kind

Auch wenn ich die Lebensbedingungen der armen Bevölkerung mittlerweile kennengelernt hatte, war die Begleitung des Sponsorship-Mitarbeiters auf zwei Besuchen eine besonders intensive Erfahrung. Es waren Erstaufnahmen, die dazu dienen, die notwendigen Infos über neue, potentiell zu fördernde Kinder aufzunehmen und die Bedürftigkeit zu prüfen.
Für den ersten Besuch mussten wir relativ lange durch Wohngebiete laufen und selbst mit ortskundiger Begleitung hat es einige Nachfragen benötigt, bis wir das Haus gefunden hatten. Das Kind ist 6 Jahre alt und behindert, kann nicht richtig laufen und kaum sprechen. Es wohnt mit der Mutter und einer befreundeten Frau zusammen in einem Raum, der aus 2 Betten und einigen Sitzgelegenheiten besteht. Die Mutter muss das Kind quasi rund um die Uhr betreuen, nebenbei verkauft sie am Strassenrand Gras, um etwas Geld zu verdienen. Medizinische Versorgung für das Kind ist kaum vorhanden (es gibt kein kostenloses Gesundheitssystem wie bei uns), von spezieller Förderung ganz zu schweigen.
Tochter mit ihrem Kind

Großmutter mit Kindern
Es war trotzdem auffällig, wie liebevoll sich die Mutter um das Kind kümmert. Ein Sponsor kann hier das (Über-)Leben erleichtern und gleichzeitig wird dadurch auch die zukünftige mediz. Versorgung sichergestellt.
Das zweite Kind (Mädchen, auch 6 Jahre) lebt in einer Großfamilie und wird von der Großmutter aufgezogen (die wohl junge Mutter ist nach der Geburt verschwunden). Die Großmutter sieht aus wie jenseits der 65, ist aber erst 44 Jahre alt. Eines ihrer Kinder ist 16 Jahre alt und hat auch schon das erste Kind. Insgesamt leben in einem Raum mit zwei Betten 7 oder 8 Personen. Hier würde die Unterstützung der ganzen Familie helfen, außerdem würde sichergestellt, dass das Kind die Schule besuchen kann (und nicht betteln muss).


Kindu Mitarbeiter im Gespräch in der "Wohnung"
Wohnungseingang

















Schmuckherstellung im Kindu-Shop
Neben den Kinderpatenschaften versucht Kindu Trust mit Projekten, es Familienmitgliedern der gesponsorten Kinder zu ermöglichen, ein eigenes Einkommen zu erzielen. Das fängt bei dem Kindu Shop an, in dem Kunsthandwerk verkauft wird. Dieses wird von vorher dafür trainierten Familienmitgliedern gefertigt. Außerdem sind u.a. auch ein kleiner Laden, ein Friseursalon und eine Bäckerei-Kooperative auf diese Weise schon entstanden.

Briefpapier und Perlenketten

Aus Papier gefertigte Perlenketten














    
trad. Körbchen





















Und zu feiern gab es auch einiges: Zuerst mal Ende August meinen Geburtstag, an dem wir mit allen Mitarbeitern abends Essen gegangen sind. Später wurde auch das Tanzbein geschwungen. Zwei Tage später hatte ein Mitarbeiter seinen letzten Arbeitstag (er wechslet zu einer großen, internationalen Hilfsorganisation, die zwei- bis dreimal höhere Gehälter zahlt...). Hier ging es spontan in den Biergarten meiner geliebten Dashen Brauerei, was ein sehr lustiger Abend wurde.
Und knapp eine Woche später wurde dann schon mein Abschied gefeiert, zuerst am späten mit einer Kaffee-Zeremonie auf der Kindu-Terasse, später ging es dann über eine Zwischenstation im Biergarten in ein traditionelles Tanzhaus. Hier sprechen Fotos mal wieder mehr als Worte.

Geburtstagsfeier

 
Ein "banana art"-Andenken





Im Biergarten der Dashen-Brauerei



Mein Abschied mit trad. Kaffee Zeremonie...
...undTorte (meine erste in Äthiopien)

Geschenke...


auch die Kinder aus der Nachbarschaft haben Spass


hier tanzen alle Generationen


In meiner Stammkneipe

...und schliesslich im trad. Tanzlokal

Abschliessend kann ich sagen, dass die gut sechs Wochen als „Freiwilliger“ nicht nur inhaltlich spannend waren (von Projektideen und -planungen, über die Überarbeitung von „Organisationsanweisungen“ bzw. Prozeduren bis zur Personaleinstellung wurde eigentlich die gesamte Bandbreite der BWL abgedeckt), sondern auch eine bereichernde persönliche Erfahrung gewesen sind.
An dieser Stelle möchte ich auch allen (bekannten und unbekannten) Spendern ganz herzlich für Ihre Unterstützung der Arbeit von Kindutrust danken. Die Spenden-Seite beibt geöffnet und es würde mich freuen, wenn wir die 500 Pfund Marke noch knacken (aktuell sind es schon 380).
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich mich aus Gondar und von den Kollegen verabschiedet und geniesse nun die letzten sechs Reisewochen.

Adios Gondar und KinduTrust